Eine weitere ausführliche Chronik (insbesondere zur Zeit vor der Gründung der freiwilligen Feuerwehr Linter) kann hier von Franz-Karl Nieder nachgelesen werden: Feuerlöschwesen in Linter 1790 bis 1970
"Feueralarm" wurde erkenntlich durch das "Sturmläuten" der Glocke, welche sich in einem Türmchen auf dem Dach der Volksschule befand. Im Zeitalter der Technik melden Funkmelder, dass der Einsatz der Feuerwehr gefordert ist. Die Dorfmitte hat sich verlagert, seit das ehedem 500 Einwohner zählende Linter sich ausweitete und nun mit zwei Neubaugebieten siebenmal so groß wie das alte Dorf ist. Das 1969 fertiggestellte neue Gerätehaus der Feuerwehr, damals an dem Sportplatz, dem Hallenbad, dem Kindergarten und der Grundschule das heutige Gemeindezentrum.
1945 wurden alle vorher bestehenden Organisationen, ob politisch oder nicht, verboten. Die Feuerwehrgemeinschaft war durch Rekrutieren der Männer bereits in den Kriegsjahren aufgelöst. Frauen und Jugendliche, im Luftschutz ausgebildet, griffen zu, wo es Not tat. Das zeigte sich beim Einmarsch der Amerikaner, als die Scheune des Hermann Schöneberger (jetzt Oppermann) durch Beschuss in Flammen aufging. Es zeigte sich aber auch, wie unzugänglich Brandbekämpfung allein mit Wassereimer und Handspritze war und bleibt, denn allein das Übergreifen des Feuers auf das angrenzende Wohnhaus abzuwehren gelang nur mit Mühe und Not. Scheune und Inhalt waren nicht zu retten. Vor weiteren Brandschäden blieb unser Dörfchen, gottlob, verschont - auch während des Krieges.
Langsam normalisierten sich die Dinge des öffentlichen Lebens wieder.
Im Oktober 1952 wurde in der Gastwirtschaft “Fritz” zum zweiten Mal eine Freiwillige Feuerwehr ins Leben gerufen. Die Initiative ging vom Kreisbrandinspektor Diefenbach und dem damals amtierenden Bürgermeister Karl Ruß aus. Das seit dieser Zeit kontinuierlich geführte Protokoll gibt darüber Auskunft und lässt die stetige Entwicklung der eingetragenen Wehr erkennen. Achtzehn Männer waren bereit, freiwillig und uneigennützig dem “Nächsten zur Wehr und Gott zur Ehr” anzutreten. Zu ihrem 1. Vorsitzenden und Ortsbrandmeister wählten sie Richard Ruß; wohl auch mit der berechtigten Überlegung, dass in dessen Schmiedewerkstatt die durchaus veralteten Geräte wieder brauchbar herzustellen seien. Schriftführer Werner Reusch konnte bereits im Dezember gleichen Jahres den Beitritt von insgesamt vierundvierzig Mitgliedern vermerken.
Am Jahresende 1953 waren schon mehr als sechzig Mann dabei. Nun galt es, die Wehr ihren eigentlichen Aufgaben zuzuführen. Es begann die Einteilung in Löschzug, Sonderzug und somit die systematische Schulung für den eventuellen Einsatz. Vor allem drängte man auf Ersatz für die veralteten Geräte, die technisch längst überholt waren; das zieht sich über Jahre der Aufzeichnung hin.
Die Erstellung eines Schlauchtrockenmastes ist das erste Plus der jungen Feuerwehr. Bis dahin hatte man die nassen Schläuche einfach auf den Gartenzäunen nahe des Spritzenhauses trocknen lassen, dabei waren Beschädigungen unvermeidbar. Wiederholt wird auf die Dringlichkeit der Renovierung des uralten Spritzenhauses verwiesen.
Die Baufälligkeit wurde auch von einem Fachmann bestätigt, der dann auch finanzielle Beihilfen der Regierung zusagte. Doch bald sprach man von einem Ersatzunterstellraum der Schulscheune die ungenutzt dasteht. Und diese war dann auch über einige Jahre so zweckentfremdet. Des weiteren traten Schwierigkeiten anderer Art auf. Die festgesetzten Übungen, die überhaupt im Ernstfall einen erfolgreichen Einsatz garantieren, wurden dürftig besucht, da der Ort in den fünfziger Jahren noch eine überwiegend bäuerliche Struktur hatte und die Arbeitszeiten unterschiedlich waren.
Aber bereits im Oktober 1953, also knapp ein Jahr nach der Zweitgründung, musste die Wehr ihre Einsatzbereitschaft unter Beweis stellen, als sie von Mensfelden zur Hilfe an einen Brandherd gerufen wurde. Man hatte alle umliegenden Orte alarmiert, die Feuerwehr Linter aber brachte als erste nach den Mensfeldern das Löschwasser an den Brandherd. Dies vermerkte der Protokollführer nicht ohne Stolz! Es war zugleich die “Feuertaufe” für die Linterer Floriansjünger gewesen. Vor die alte Spritze (noch mit Handbetrieb) wurden früher Pferde vorgespannt (innerhalb des eigenen Ortes wurde sie von Hand gezogen)
Alteingesessene und Neubürger die durch Krieg und Vertreibung zu uns gekommen sind, fand man hier harmonisch vereint. Als Verein pflegte man nachbarliche Freundschaft mit Wehren der umliegenden Orte mit Einladungen und Gegenbesuche, wie dies heute noch üblich ist. Natürlich gab es auch schon bald wieder Feuerwehruniformen. Etwas später kamen die Arbeits- Overalls dazu.
Im Jahr 1962 wurden fünf Traktoren (Eigentum von Mitgliedern) in die Pflicht genommen, waren auch gemeldet und mussten bei Feueralarm am Gerätehaus bereitstehen. Es folgten ruhige Jahre, in welchen die Feuerwehr - der dominierende Ortsverein - außer den festgesetzten Pflichtübungen, der Geselligkeit huldigte. Aus der Notwendigkeit des Selbstschutzes erwuchs bald eine schöne Dorfgemeinschaft, wo Hilfsbereitschaft, Vertrauen, Kameradschaft, selbstverständlich ist.
Ab 1956 schickte die Linterer Wehr ihre Leute zur Landesfeuerwehrschule nach Kassel und war somit um eine optimale Ausbildung bemüht.
Im Jahr 1957 gab der bisherige 1. Vorsitzende Ortsbrandmeister Richard Ruß sein Amt ab. Zum neuen Ortsbrandmeister wurde das aktive Mitglied Hans Hartmann gewählt. Ihm stellten sich Schwierigkeiten - unter den veränderten Verhältnissen - ganz besonderen Art entgegen. Es gab inzwischen wieder eine Bundeswehr, dazu die Wehrpflicht, welche sich die jungen tauglichen Männer zu stellen hatten. Unser Dorf begann sich zu verändern. Das wirkte sich im besonderen auf die straff organisierte Feuerwehrmannschaft aus. Eine neue Pflichtverteilung war unumgänglich. Weitere Neuerungen folgten. Hans Hartmann stellte sich den Anforderungen mit Bravour.
Ab 1958 verfügte die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde über eine Alarmsirene, die auf dem Dach des Hauses Schöneberger (heute Oppermann) montiert war. In den kommenden Jahren wurden laufend Neuanschaffungen getätigt, die zur Modernisierung der Wehr beitrug.
1962, berichtet der Protokollführer Helmut Welker, besitzt die Feuerwehr ein selbstfahrendes Löschfahrzeug! Ihm war der Erwerb einer Bacherd-Tragkraftspritze vorausgegangen. Zeitungsberichte mit Fotos und Einweihungsfeier lassen die Bedeutsamkeit nur ahnen. In 800 Arbeitsstunden nach Feierabend und Wochenenden hatten Gerätewart Theo Rump mit den Wehrmännern Klaus und Wilfried Bastian sowie Ernst Göbel einen nicht mehr neuen VW-Kombi in einen perfekt ausgestatteten Feuerlöschwagen umfunktioniert, für den der damalige Kreisbrandinspektor Gemmer höchste Anerkennung aussprach.
Eigeninitiative und Idealismus sind die tragenden Säulen solchen Tuns; das Verständnis der Ehefrauen bzw. Freundin ebenso! Der mit Blaulicht und einem Froschemblem attraktive Wagen fand Herberge in der Scheune des Mitgliedes Herbert Oppermann, wiederum ein Provisorium wie die Schulscheune.
Ab Juni 1963 zeichnete Willi Kaiser als einstimmig gewählter 1. Vorsitzender. Hans Hartmann, der sein Amt von 1957 bis 1963 ernst und gewissenhaft wahrgenommen hatte, musste seiner Gesundheit zuliebe darauf verzichten. Am Ende des Jahres hatte die örtliche Feuerwehr ihren zweiten Großeinsatz; nach dem Brand in Mensfelden. Nun galt es in Linter zu löschen und zu retten.
In der Silvesternacht 1963/64 standen Scheune und Stallungen der Gehöfte Weil und Kessler bereits im lichterlohem Feuer, als Alarm gegeben wurde. Hier zeigten sich gutes Funktionieren durch beste Schulung und Organisation, denn die Männer waren in kürzester Zeit konzentriert einsatzfähig, obschon die meisten von ihnen mitten in fröhlichen Feiern waren.
Bald war das Feuer unter Kontrolle, die Wohnhäuser und Nebengebäude außer Gefahr. Zwei Tage und Nächte schwelten die Trümmer, von Feuerwehrmännern bewacht. Experten vermuteten, dass der Brand durch Feuerwerkskörper verursacht wurde. Der Sachschaden betrug laut Schätzung 150.000 DM. Er hatte nicht verhindert werden können, das ist für den engagierten Feuerwehrmann bitter; alleinige Genugtuung ist das Wissen, Schlimmeres verhindert zu haben, denn im enggebauten Dorf war die Gefahr für ganze Häuserzeilen. Bei diesem Brand war das neue Löschfahrzeug erstmals im Einsatz und durch Schnelligkeit eine wertvolle Hilfe.
Im Oktober 1964 beschließt man einstimmig die Freiwillige Feuerwehr Linter als eingetragenen Verein mit Versicherungsschutz, Mitgliederausweisen und Vereinsstatus weiterzuführen. Der Bau des dringend benötigten Gerätehauses mit Garagen für die unzentriert abgestellten Löschfahrzeuge war im Juni 1964 begonnen worden. Architekt Helmut Schwalb, aktives Feuerwehrmitglied, hatte die Bauleitung übernommen, die Gemeinde Linter zeichnete als Träger. Der Kreis Limburg bewilligte eine Bauhilfe von 8.200 DM; der Kostenvoranschlag betrug 41.000 DM. Mit der Einweihung im September 1969 durfte auf eine stolze Eigenleistung zurückgesehen werden, sagte Wehrführer Rudi Weil laut Pressenotiz. Ihm war es auch gelungen, sämtliche Ortsvereine, Kirche und Schule, kurzum die geschlossene Gemeinde in dieses Ereignis einzubeziehen. Ein Tag der offenen Tür zog viele Gäste an. Die feierliche Übergabe eines neuen von der Gemeinde angekauften Löschfahrzeuges (des nunmehr zweiten Löschmobiles), eines Ford Tragkraftspritzenfahrzeugs mit Staffelbesatzung und die Vorführung des hier stationierten Tanklöschfahrzeug (TLF 8 Unimog) vom Zivilschutz waren Grund genug.
1965 wird der Turm zum Trocknen der Schläuche fertiggestellt und das hundertste Mitglied registriert.
1968 verabschiedet sich der 1. Vorsitzende Willi Kaiser. Rudi Weil übernimmt sowohl den Vorsitz als auch Führung der FF Linter. Ihm ist es vergönnt, als Wehrführer des Gerätehauses zu einem Gemeinschaftserlebnis für die Einwohner des Ortes werden zu lassen, das noch lange im Gedächtnis haften blieb.
Am 18.11.1970 datiert die Gründung der Jugendfeuerwehr Linter; einer der ersten im Kreis Limburg. Ein Meilenstein in der Geschichte der Feuerwehren in der Arbeit des Wehrführers Rudi Weil. Er hatte sich fünf Jahre lang gemüht, dies zustande zu bringen und durfte mit vierzehn Jugendlichen diesen Wunsch realisieren. Sein persönlicher Einsatz war enorm. Die vierzehn- und fünfzehnjährigen Jungen verpflichteten sich zur wöchentlichen Übung. Rudi Weil hatte es verstanden, sie für die Aufgaben des Feuerwehrmannes zu begeistern. Idealismus und Kameradschaftsdenken zeigten in Kürze Leistung, die Anerkennung. Mit dem Nachwuchs aus Linter nahm erstmals eine Jugendgruppe an den kreisinternen Wettkämpfen der Feuerwehren teil, meldet die Presse vom 17.10.1971.
Am 27.10.1971 konnte bereits die zweite Jugendgruppe gebildet werden; jetzt hatten sich Zwölf- bis Sechzehnjährige gemeldet. Im Laufe der Jahre wechselten die Älteren zur Einsatzabteilung über, aber kontinuierlich baute sich die Jugendwehr immer wieder auf. Mittlerweile ist sie so in das Ganze integriert, dass diese Einrichtung der Frühausbildung nicht mehr wegzudenken ist.
1975, vom 14. bis 16. Juni feierte die Wehr ihr 40 jähriges Bestehen. Rund 30 Nachbargemeinden entsandten mehr oder weniger zahlreiche Delegationen. Die Feuerwehrkapelle Nordenstadt und der Spielmannszug Wilsenroth spielten dabei auf. Zwei Väter der Wehr, d.h. bei der Gründung Beteiligte, Jakob Maurer und Karl Becht, konnten dieses Fest noch miterleben.
Rudi Weil schreitet fort auf seinem Weg mit neuen Ideen. Jetzt wurden die Frauen aktiviert. Seine Männer unterstützten ihn dabei.
Im Oktober 1975 wurden Fachreferate über Umgang mit Handfeuerlöschgeräten und praktische Übungen durchgeführt. Informationen über Unfallverhütung und Erste Hilfe finden Resonanz. Das nie ermüdende Engagement des Wehrführers Rudi Weil bewirkte, dass heute in Linter Frauen jeder Altersklasse Grundkenntnisse im Brandschutz haben, auch ohne organisiert zu sein.
Ehmalige Wehrführer